… Prof. Dr. Yvette Völschow. Sie ist Professorin für Sozial- und Erziehungswissenschaften sowie Leiterin der Arbeitsstelle für Reflexive Person- und Organisationsentwicklung an der Universität Vechta. Zudem engagiert sie sich seit vielen Jahren im Wissenschaftlichen Beirat der GwG und in ihrem Dachverband, der Deutschen Gesellschaft für Beratung (DGfB). Seit 2019 ist sie in der Projektplanungsgruppe und seit 2021 im Steering Board zum von der DGfB initiierten Projekt „Deutscher Qualifikationsrahmen Beratung“ aktiv. Im Interview spricht sie über dieses Vorhaben, das helfen soll, die Beratung und die Beratungsausbildung hierzulande auf eine neue Basis zu stellen.
Liebe Frau Professorin Völschow, Ende 2017 hat die Mitgliederversammlung der DGfB beschlossen, dass sich der Verband dem Projekt „Deutscher Qualifikationsrahmen Beratung“ widmen soll. Könnten Sie bitte noch einmal kurz umreißen, worum es dabei geht?
Mit der 1999 beschlossenen „Bologna-Reform“ und der Umstellung auf Bachelor- und Masterabschlüsse sollte die Vergleichbarkeit und Anrechenbarkeit von Bildungsleistungen innerhalb des europäischen Raumes vorangebracht werden. Diese große Umstrukturierungsmaßnahme zog viele Änderungen im Ausbildungs-, Studien- und auch im Weiterbildungssektor nach sich. Eine wichtige Rolle spielt hierbei auch der Deutsche Qualifikationsrahmen des Bund-Länder-Ausschusses „Deutscher Qualifikationsrahmen. Heute existieren je Bildungsrichtung fachspezifizierte Qualifikationsrahmen wie der Qualifikationsrahmen Soziale Arbeit (QR SozArb), der ständig an aktuelle Entwicklungen angepasst wird und an dem sich bei der Gestaltung und Zertifizierung von Berufs-, Studien- und Weiterbildungsgängen der Sozialen Arbeit orientiert werden kann. Für den Beratungsbereich existiert solch ein spezifizierter Referenzrahmen bislang nicht. Die DGfB und ihre Mitgliedsverbände möchten die Landschaft diesbezüglich gerne mitgestalten. Sie haben es sich unter anderem zur Aufgabe gemacht, Standards für die Aus- und Weiterbildung in Beratung zu formulieren und damit allgemeine Qualitätsfragen im Sinne eines Verbraucherschutzes zu thematisieren. Um Erwartungen an Kernkompetenzen im Beratungsbereich und ihre Überprüfung herauszuarbeiten , ist konzentrierte Projektarbeit nötig. Mit Projektende wird ein Vorschlag, aber noch kein fertiger „QR Beratung“ vorliegen. Dieser Vorschlag ist die Grundlage für weitere Ausarbeitungen seitens der DGfB, um den QR Beratung dann mit anderen „Playern“ als Grundlage für Zertifizierungsfragen auf den Institutionenweg zu geben – ehe es andere ohne die DGfB und ihre Mitgliedsverbände tun.
Der Qualifikationsrahmen ist als wissenschaftliches Projekt gedacht. Wie hat die DGfB bisher daran gearbeitet? Und welche Akteure wurden dabei auf welche Weise mit einbezogen? Ende dieses Jahres sollen die Ergebnisse Ihrer Arbeit vorliegen. Können Sie uns schon mehr dazu verraten?
Da das Projekt über zwei Jahre läuft, müssen wir uns noch etwas gedulden. Spätestens zur nächsten DGfB-Mitgliederversammlung dürfte es aber erstes zu berichten geben. Die DGfB hat aktuell eher Funktionen im informationsvermittelnden Bereich. Die Mitgliedsverbände sind dafür eingeladen, ihre Weiterbildungsstandards und Unterlagen für eine sogenannte Delphi-Studie zur Auswertung zur Verfügung zu stellen. Zudem sollen sie Ansprechpersonen benennen, die Informationen über die bisherige Kompetenzfeststellung im Rahmen der jeweiligen Weiterbildungen geben können. Die Forschungsgruppe hat hierfür schon Kontakte mit den Mitgliedsverbänden aufgenommen.
Was könnte der Qualifikationsrahmen Ihrer Einschätzung nach in Zukunft für den einzelnen Berater und die einzelne Beraterin bedeuten?
Auf jeden Fall Orientierung“ und damit Sicherheit. Spannend ist auch die Frage, was der QR für die Aus-, Fort- und Weiterbildung von Berater*innen bedeutet. Hierfür bietet er Anhaltspunkte, die dazu führen, dass das, was Berater*innen tun, transparenter nachvollziehbar wird. Ohne einzelne Verfahren einander anpassen zu wollen, gibt es ja doch auch übergeordnete Einvernehmlichkeiten, die bei der DGfB zum Beispiel über die Standards angerissen werden. Hier dürfen wir mit Blick auf die nachfolgende Berater*innenqualifizierung über den QR Beratung auf noch konkretere Zuordnungen von Beratungskompetenzen zu den jeweiligen Qualifikationsstufen des DQR bzw. EQR hoffen. Schließlich geht es nicht nur um die Befassung mit Qualität einer in sich geschlossenen Weiterbildung, sondern auch um unterschiedliche Beratungskompetenzerwartungen in allen anerkannten Qualifikationsstufen (Ausbildungsberufe, Bachelor, Master, Promotion etc.). Mit der Chance, der Bund-Länder-Kommission dann einen fundierten QR Beratung Vorschlag zu unterbreiten, nutzen Dach- und Mitgliedsverbände die Gunst der Stunde, um aktiv mitzugestalten. Wenn es um Qualität und ihre Sicherung im Kontext von Beratungsausbildung und damit letztlich um Beratung geht, scheint mir das sinnvoll, damit wir nicht irgendwann bei Anerkennungs- und Zertifizierungsfragen einen anderen vorgeschlagenen QR mittragen müssen, der wesentliche, gerade beratungsweiterbildungsrelevante Aspekte womöglich nicht berücksichtigt.
(Der Text wurde erstmals veröffentlicht im Newsletter 1/2022 der GwG – Gesellschaft für Personzentrierte Psychotherapie und Beratung e. V.; Interview: Elena Winter)