Als Dachverband professioneller Beratung vernetzt die Deutsche Gesellschaft für Beratung über 25.000 aktive Berater*innen in 21 Fach- und Berufsverbänden. Mit ihrer Gründung (2004) verständigten sich ihre Mitglieder auf ein gemeinsames Beratungsverständnis. Seit der Mitgliederversammlung vom 21. November 2020 liegt eine DGfB eine aktualisierte Neufassung dieses Beratungsverständnisses vor.
Das Beratungsverständnis der DGfB dient der Profilbildung professioneller Beratung. Es gewährleistet gemeinsame Standards und verbindet die unterschiedlichen Professionen, Tätigkeitsfelder, Aufgaben, Konzepte und Interventionsformen im Kontext professioneller Beratung.
Beratung stützt und begleitet die Entwicklung von Menschen, Organisationen, Unternehmen und Projekten unter den besonderen Bedingungen der modernen Gesellschaft. Alle Akteure der modernen Gesellschaft stehen vor hohen Anforderungen und Ansprüchen (Globalisierung, Digitalisierung, Individualisierung, gesellschaftliche Spaltung, Klimawandel).
Professionelle Beratung unterstützt deshalb Ratsuchende dabei, ihre Lebens- und Arbeitsbedingungen, Beziehungen und Vernetzungen und damit auch deren gesellschaftlichen Zusammenhänge prüfend zu betrachten, um so den genannten Herausforderungen gerecht zu werden. Reflexive Beratung ist somit zu einer festen Institution der modernen Gesellschaft geworden.
Berater*innen unterstützen Personen, Gruppen und Organisationen bei der Bewältigung ihrer Entwicklungsaufgaben, Problem- und Konfliktsituationen, beispielsweise in den Bereichen Erziehung und Bildung, Sozial- und Gemeinwesen, Arbeit und Beruf, Familie und Partnerschaft, Wohnen und Freizeit, Gesundheit und Wohlbefinden, Ökologie und Technik, Pflege und Rehabilitation, Ökonomie und Politik.
Beratung erfolgt freiwillig, eingebunden in institutionelle, rechtliche, gesellschaftliche, ökonomische, kulturelle und (berufs-)ethische Rahmenbedingungen. In manchen sozialrechtlichen Handlungsfeldern findet Beratung auch unfreiwillig oder halbfreiwillig statt.
Sie entfaltet sich in unterschiedlichen Tätigkeitsfeldern und Aufgaben. Beratung erfolgt subjekt-, anliegen- und kontextbezogen und kultursensibel und erfordert die gemeinsame Anstrengung aller Beteiligten (Berater*in, Beratene, ggf. Kostenträger). Sie geht über die reine Informationsvermittlung hinaus und stellt so ein eigenständiges Handlungsfeld dar (neben Mediation, Rechtsberatung oder Psychotherapie).
Beratung erfolgt formalisiert in Beratungsinstitutionen und selbstständigen Praxen und halbformalisiert Beratung als Teilaufgabe in vielfältigen Handlungsfeldern, z.B. in Krisen- und Konfliktberatungen der Sozialen Arbeit oder in der Bildungspartnerschaft von Elternhaus und Schule.
Beratung betrifft unterschiedliche psycho-soziale Aufgabenbereiche (Entscheidungsfindung, Problem- und Krisenbewältigung, Risikoprävention, Entwicklungsförderung), Beratungskonstellationen (Einzel-, Paar-, Gruppen-, Team-, Organisationsberatung, Supervision usw.), Beratungssettings (face-to-face, online …) und Beratungsfelder (Familie, Bildung, Beruf, Suchtberatung, Schwangerschaftskonfliktberatung, Migrationsberatung, Schuldner*innenberatung, Coaching, Supervision, Organisationsberatung usw.) Dabei integriert sie unterschiedliche wissenschaftliche Disziplinen und „Schulen“ mit ihren Ansätzen und Verfahren.
Auf der Grundlage einer vertrauensvolle Beziehung der Beteiligten, der Klärung des Beratungsanliegens sollen erreichbare Ziele formuliert, reflektierte Entscheidungen getroffen, verdeckte Aufträge und problemerzeugende gesellschaftliche Zusammenhänge reflektiert und verfügbare Ressourcen entdeckt und genutzt werden. Beratung unterstützt Menschen auch bei der Bewältigung mit nicht behebbaren Belastungen. Sie regt zum Perspektivwechsel an und hilft bei der Entwicklung angemessener Handlungspläne.
Das Ziel der Beratung ist i.d.R. erreicht, wenn die Ratsuchenden Entscheidungen und Wege zur Problembewältigung gefunden haben, die sie selbst umsetzen können.
Auf der Grundlage einer professionellen, vertrauensvollen Beratungsbeziehung fördern Berater*innen verantwortungsvolles Handeln. Das Vertrauensverhältnis ist durch entsprechende gesellschaftliche Regelungen geschützt. Dazu gehört ein noch nicht in allen Bereichen eingeräumtes Zeugnisverweigerungsrecht für alle Berater*innen. Professionelle Berater*innen kennen die berufs- und beratungsrechtlichen Bestimmungen.
Berater*innen handeln zudem auf der Basis berufsethischer Standards. Dabei gilt besonderes Augenmerk dem sorgsamen Umgang mit Abhängigkeitsbeziehungen. Sie reflektieren ihre eigenen Beziehungen, und Verhaltensweisen, wissen sich in persönlicher, sozialer und rechtsstaatlicher Verantwortung und unterstützen emanzipatorische und partizipative Prozesse. Handlungsleitend ist der Schutz der Menschenwürde. Sie tragen Fürsorge für sich und bedürfen zugleich besonderen Schutzes durch die jeweilige Institution.
Professionelle Beratung wird gesichert durch die Berater*innenpersönlichkeit und eine wissenschaftlich fundierte Aus- und Weiterbildung, in deren Mittelpunkt die persönliche, soziale und fachliche Identität und Handlungskompetenz der Beratenden steht. Neben der Entwicklung kommunikativer, dialogisch-reflexiver und problemlösender Kompetenzen sind fachlich fundiertes Feldwissen (Informationen) und wissenschaftlich fundierte Phänomenerklärungen (Expert*innenwissen) aus unterschiedlichen wissenschaftlichen Disziplinen erforderlich.
Die Aus- und Weiterbildung professioneller Berater*innen umfasst deshalb Theorie und Methodik der Beratung, eigenständige, evaluierte Beratungspraxis, interdisziplinären Vernetzung und Kooperation, Praxisreflexion und Supervision, und die Förderung von Persönlichkeitsbildung und Selbst- und Fremdwahrnehmung. Eingangsvoraussetzung für die Aus- und Weiterbildung ist in der Regel ein Hochschulabschluss in den für das Arbeitsfeld relevanten Bereichen.
Berater*innen reflektieren ihr Handeln systematisch und machen es überprüfbar. Sie stellen ihre Konzepte und Vorgehensweisen für die Beratenen verständlich dar. Sie sichern und entwickeln die Qualität ihres fachlichen Handelns z.B. durch die Teilnahme an Fallbesprechungen, Supervision und Fort- und Weiterbildungen. Gemeinsam mit den Beratenen und ggf. den Kostenträgern überprüfen sie die Qualität der Ergebnisse.
Die Ratsuchenden haben Gelegenheit, Beschwerde einzulegen, auch im Sinne des Verbraucherschutzes.